Die Digitalisierung gilt als Grundvoraussetzung für das Gelingen der Energiewende, weil sie die Plattform für Effizienz und Einsparungen schafft. Gleichzeitig treibt die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft aber auch unseren Energiehunger massiv an. Das zeigt sich in großen Rechenzentren, aber auch im kleinen Stromfresser daheim.
Digitaler Stromhunger im Haushalt
Hätten Sie das gewusst? Ein WLAN-Router verbraucht mehr Strom als ein kleiner Kühlschrank – und läuft in den meisten Haushalten dennoch rund um die Uhr. Kommen dann noch Verstärker für einen lückenlosen Empfang hinzu, schrauben sie den Stromverbrauch in luftige Höhen. WLAN-Netze aufrecht zu erhalten, ist energieintensiv. Sie reihen sich deshalb neben der weißen Ware in Küche und Waschkeller inzwischen in die Liste der größten Stromverbraucher deutscher Haushalte ein.
Ein weiterer Faktor mit Wachstumspotenzial sind Smart-Home-Anwendungen. Sie werden gern damit beworben, beim Energiesparen zu helfen, aber smarte Geräte erhöhen in der Regel den Stromverbrauch. Ursache ist der vernetzte Standby-Betrieb, denn smarte Technik schlummert oft abrufbereit 24/7 und frisst dadurch Unmengen an Strom. Natürlich verbraucht auch die Herstellung der Geräte Energie und Rohstoffe. Und allein schon durch das Mehr an Hard- und Software in unseren Haushalten erhöht sich das Aufkommen an Elektroschrott – der fortlaufend ersetzt wird und kontinuierlich nach neuen Ressourcen verlangt.
Boomender Stromverbrauch von Rechenzentren
Damit die Digitalisierung unserer Haushalte überhaupt möglich wird, arbeiten im Hintergrund die ganz großen Stromfresser: Rechenzentren. Untersuchungen des gemeinnützigen Borderstep Instituts für Innovation und Nachhaltigkeit in Berlin zeigen, dass sich der Energieverbrauch von Rechenzentren seit 2010 mehr als verdoppelt hat. Einige neu gebaute Einrichtungen würden sogar mehr Strom verschlingen als eine deutsche Großstadt, sagen die Forscher. Das bedeutet im Umkehrschluss: Jede Serie, die gestreamt wird, jeder Podcast, den wir abrufen, jede Textnachricht, sogar jede Google-Suche verursacht Energieverbrauch und Emissionen – jeden Tag milliardenfach.
Mit weniger Rechenzentren werden wir nicht auskommen, und mit weniger Energie werden die Rechenzentren nicht auskommen. Was also tun? Erstens das Naheliegende, nämlich auf Ökostrom umstellen. Das muss ohnehin sein, denn ab 2027 sind neue Rechenzentren in Deutschland gesetzlich verpflichtet, klimaneutral zu arbeiten. Und zweitens die Nebeneffekte im Sinne der Nachhaltigkeit nutzen, sprich, die Abwärme. Knapp ein Drittel der deutschen Rechenzentrumskapazitäten sind aktuell in Frankfurt am Main konzentriert. Laut Wachstumsprognosen des Borderstep Instituts könnte man im Jahr 2035 theoretisch sämtliche Haushalte der Mainmetropole mit Abwärme aus den örtlichen Rechenzentren versorgen – vorausgesetzt die passende Infrastruktur wird geschaffen.
Die Rechnung ist simpel: Mit der zunehmenden Digitalisierung wird auch unser Energiebedarf weiter steigen. Das ist unausweichlich. Also müssen wir sicherstellen, dass der Nutzen der Digitalisierung für den Klimaschutz am Ende überwiegt.
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