Die Atomkraftwerke sollen sukzessive abgeschaltet werden. Aber wie wird die “Stromlücke” geschlossen? Zu diesem Thema werden wir Politiker und Verantwortliche der Stromindustrie befragen. Stromauskunft.de sprach mit der Energieexpertin Gudrun Kopp (FDP) und Mitglied des Deutschen Bundestages. Gudrun Kopp ist Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion für Energiepolitik und Welthandelsfragen.
„…der Atomausstieg ist keine beschlossene Sache“
Frage: Der Atomausstieg ist eine beschlossene Sache. Es stellt sich nun die Frage, wie kann die produzierte Energiedifferenz ausgeglichen werden?
Gudrun Kopp: Aus Sicht der FDP ist der Ausstieg aus der Kernenergie keineswegs beschlossene Sache, auch wenn er heute im Atomgesetz steht. So wie Rot-Grün seinerzeit, könnte auch eine andere politische Mehrheit den Ausstiegsbeschluss mit einfacher Mehrheit im Deutschen Bundestag kippen. Das wird auch dringend notwendig sein, um die allseits prognostizierte Stromlücke zu schließen. Sollte dies nicht geschehen, kann die Erzeugungslücke nach Lage der Dinge nur durch Importstrom (z.B. aus Kernenergie oder Kohleverstromung) gedeckt werden. Dies würde zu massiven Preiserhöhungen führen, die letztlich die Verbraucher zu tragen hätten.
Frage: Gibt es eine Prognose, wie hoch etwa der Anteil an Erneuerbaren Energien (EN) in fünf Jahren (2013) sein wird?
Kopp: Nein, eine solche Prognose hängt gegenwärtig ausschließlich von den politischen Rahmenbedingungen ab. Der gegenwärtige Ausbau der erneuerbaren Energien beruht auf der Zwangseinspeisung zu Garantiepreisen gemäß Eneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Insofern hängt es auch von diesen politisch definierten Preisen ab, wie stark die erneuerbare Strommenge zunehmen wird. Die FDP hat immer gegen das EEG votiert, weil es letztlich die erneuerbaren Energieträger keinerlei Wettbewerbs- und damit Innovationsdruck aussetzt, sondern auf 20 Jahre garantierte Preise festsetzt. Im Ergebnis werden die Verbraucher mit immer höheren Umlagen (inzwischen bis zu 7 Mrd. Euro pro Jahr) belastet, mit denen Technologien auf breiter Front installiert werden, die das eigentliche Problem immer noch nicht lösen können. Die FDP plädiert deshalb für ein System der differenzierten Mengensteuerung, innerhalb derer sich die erneuerbaren Energien zumindest untereinander im Wettbewerb befinden.
Frage: Wie bewertet Sie die Option „Fusionsenergie“? Gibt es eine Chance, durch Erhöhung der Fördermittel den Fortschritt zu beschleunigen?
Kopp: Das müssen Sie die Bundesregierung fragen! Für die FDP war die Kernfusionstechnik immer ein viel versprechendes technologisches Projekt. Mehr als das ist es leider bislang nicht. Es lohnt allerdings, diesen Weg weiter zu verfolgen, schon weil es fahrlässig wäre, technologische Entwicklungspfade nach politischem Gusto einfach abzuschneiden. Zweifelhaft erscheint mir allerdings, ob höhere Forschungsmittel zwangsläufig zu schnelleren Entwicklungssprüngen führen.
Linktipps
- Interview Teil 1 Rolf Hempelmann
- Interview Teil 2 Kerstin Andreae
- Interview Teil 3 Dr. Georg Nüßlein
- Die Homepage von Gudrun Kopp
Foto © Frank Ossenbrink