Dem Jahr 2020 wird man in der Retrospektive wahrscheinlich eine ganze Reihe von Markenzeichen aufstempeln: Das Jahr der Pandemie, das Jahr der Distanz, das Jahr der Verschwörungstheorie, das Jahr der Plexiglasscheibe. Und irgendwo in den Top Ten wird sich vielleicht auch die Headline „Jahr des Ökostroms“ finden. Aber belassen wir es vorläufig lieber beim Halbjahr, denn zwischen Januar und Juni haben die erneuerbaren Energien eine symbolträchtige Rekordmarke geknackt.

Erneuerbare Energien liefern über 50 Prozent des Stroms in Deutschland
Die Arbeitsgruppe Erneuerbare-Energien-Statistik (AGEE-Stat) des Umweltbundesamtes hat kürzlich folgende Zahlen vorgelegt: In den ersten sechs Monaten 2020 wurden hierzulande rund 138 Milliarden Kilowattstunden Ökostrom erzeugt. Das sind nicht nur 10 Milliarden Kilowattstunden mehr als im ersten Halbjahr 2019, auch der Anteil der erneuerbaren Energien am Strommix der Bundesrepublik hat damit eine historische Rekordmarke überschritten – er liegt erstmals bei knapp über 50 Prozent. Anders ausgedrückt: Aus unseren Steckdosen fließt inzwischen mehr grüner als grauer Strom.
Leider schleicht sich, wie in gefühlt jede Statistik der vergangenen Monate, auch in diese Erfolgsmeldung der Aber-Faktor Corona ein: Denn ohne die Pandemie, die Lockdown-Maßnahmen, den wirtschaftlichen Abschwung und den damit verbundenen Rückgang beim Energieverbrauch, hätte die Ökostrom-Quote wohl kaum auf dieses Niveau klettern können. Durch den Einspeisevorrang der Erneuerbaren hat Corona vor allem der Kohlekraft ein Bein gestellt.
Windkraft ist Stromerzeuger Nr. 1
Die Windkraft war im ersten Halbjahr 2020 mit deutlichem Abstand der wichtigste Energieträger im deutschen Strommix – vor Kohle und Erdgas, vor der Kernenergie und vor allen anderen erneuerbaren Quellen. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wuchs die Windstrommenge im deutschen Netz um etwa zehn Prozent auf über 73 Milliarden Kilowattstunden. Damit stammte mehr als die Hälfte des erneuerbaren Stroms aus Windkraftanlagen an Land und auf See. Besonders letztere verzeichneten durch die Inbetriebnahme neuer Offshore-Windparks in der zweiten Hälfte des Vorjahres nochmals ein kräftiges Plus. Das vorerst letzte, denn im laufenden Jahr liegt der Zubau neuer Anlagen an Land wie auf See bekanntermaßen brach.
Photovoltaik-Boom bringt Solarstromrekorde
Zum Allzeithoch der erneuerbaren Stromerzeugung trug im abgelaufenen Halbjahr auch die Photovoltaik mit etwa 28 Milliarden Kilowattstunden bei – sie lieferte drei Milliarden Kilowattstunden Sonnenstrom mehr als in der ersten Jahreshälfte 2019. Ein Zubau-Boom neuer PV-Anlagen im Vorjahr sowie anhaltend sonniges Wetter in den Frühlingsmonaten 2020 bescherten der Branche neue Solarstromrekorde im Wochentakt. Nach Angaben des Umweltbundesamtes summiert sich die Leistung der installierten Photovoltaikanlagen in Deutschland inzwischen auf über 51.000 Megawatt.
Bioenergie und Wasserkraft …
sind im ersten Halbjahr 2020 das geblieben, was sie schon zuvor waren: die erneuerbaren Energien der zweiten Reihe. Sie wuchsen nicht und schrumpften nicht. Immerhin: Aus Biomasse und biogenem Abfall wurde in den ersten sechs Monaten eine Strommenge von fast 26 Milliarden Kilowattstunden erzeugt. Hinzu kamen 11 Milliarden Kilowattstunden aus Wasserkraftwerken.
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