Im zurückliegenden Jahr 2024 hat der Rekordzubau an Wind- und Solarkraftanlagen wesentlich dazu beigetragen, die Stromkosten und CO2-Emissionen in Deutschland zu senken. Während der Stromsektor seine Klimaziele übererfüllt, besteht in den Bereichen Gebäude und Verkehr Nachholbedarf.
von Björn Katz
Der Think Tank Agora Energiewende hat in der vergangenen Woche die Studie "Die Energiewende in Deutschland: Stand der Dinge 2024" vorgelegt. Zentrales Ergebnis: Deutschlands Treibhausgasemissionen sind 2024 um drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Damit fielen die Emissionen zum dritten Mal in Folge und erreichten einen historischen Tiefstand.
Hauptursache des CO2-Rückgangs waren positive Effekte in der Energiewirtschaft. Sie machten mehr als 80 Prozent der Emissionsreduktionen aus. So wurden im vergangenen Jahr Kohlekraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 6,1 Gigawatt stillgelegt, was 16 Prozent der installierten Kohle-Kapazität entsprach. Der Wegfall wurde durch eine Rekorderzeugung bei den Erneuerbaren und gestiegene Stromimporte ausgeglichen. Knapp die Hälfte dieser Importe stammte ebenfalls aus regenerativen Energien.
Die fortschreitende Energiewende im Stromsektor drückte 2024 außerdem das Kostenniveau. Der Börsenstrompreis sank trotz gleichbleibender Stromnachfrage gegenüber dem Vorjahr um durchschnittlich 18 Prozent.
Simon Müller, Direktor von Agora Energiewende, kommentiert: "Im Stromsektor zeigen die Klimaschutzmaßnahmen der letzten Jahre immer stärker ihre Wirkung: Deutschland bereitet mit einem deutlichen Plus bei den erneuerbaren Energien und der positiven Entwicklung beim Netzausbau den Weg für eine erfolgreiche Transformation in allen Sektoren. Dabei profitiert die Bundesrepublik zunehmend von sinkenden Emissionen und günstigeren Börsenstrompreisen."
Anders als im Stromsektor zeigten sich in den Bereichen Gebäude und Verkehr keine Fortschritte. Im Gegenteil: Laut Analysen von Agora Energiewende waren die Investitionen in klimaneutrale Technologien wie Wärmepumpen oder E-Autos in 2024 sogar rückläufig. Sogar in der Industrie stiegen die Emissionen trotz wirtschaftlicher Flaute im vergangenen Jahr um drei Millionen Tonnen CO2 leicht an.
Durch die Stagnation bei Gebäuden und Verkehr verfehlt Deutschland Klimazielvorgaben der EU und muss in absehbarer Zeit entweder Emissionsrechte aus anderen Staaten zukaufen oder Strafzahlungen leisten.
"Ein zentraler Grund für den Mangel an strukturellem Klimaschutz in den Sektoren Industrie, Gebäude und Verkehr ist die Verunsicherung bei Haushalten und Unternehmen. Diese führte zu einer allgemeinen Investitionszurückhaltung", so Simon Müller.
Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energie, ergänzt: "Wir appellieren dringend an die Parteien, das Vertrauen der Menschen wiederherzustellen. Bestehende Förderprogramme müssen über die aktuelle Legislatur hinaus verstetigt werden und Marktanreize wie der CO2-Preis klug mit Ordnungsrecht und Förderung verbunden werden. Nur so schützen wir Haushalte vor steigenden Kosten."