Ein breites Bündnis von Ökostromanbietern und Umweltorganisationen – mit dabei sind die Deutsche Umwelthilfe, Robin Wood sowie die Grünstromer Greenpeace Energy, EWS Schönau, NATURSTROM und LichtBlick – wehrt sich gegen den allgegenwärtigen Etikettenschwindel bei der Stromkennzeichnung. Viele Versorger, so der Vorwurf, würden ihren Strommix deutlich grüner darstellen, als er sei. Laut Berichterstattung des Handelsblattes seien diverse Versorger sogar schon von Verbraucherschützern wegen Irreführung ihrer Kunden abgemahnt worden.
Stromkennzeichnung vieler Versorger irreführend
„Verbraucher werden getäuscht, um das angeblich grüne Image der Versorger aufzupolieren“, stellt Gero Lücking vom Hamburger Ökostrompionier LichtBlick klar. Gemeinsam mit den Bündnispartnern habe man für die Studie „Faktencheck Strommix“ 40 Stromanbieter aus dem gesamten Bundesgebiet unter die Lupe genommen. Dabei habe man in einem Viertel der Fälle den beschriebenen Etikettenschwindel beim Grünstrom identifiziert.
Der Faktencheck nennt konkrete Beispiele: Die Stadtwerke Kiel etwa weisen auf ihrer Website einen Anteil von über 47 Prozent an erneuerbaren Quellen in ihrem Strommix aus – und lägen damit deutlich über Bundesdurchschnitt von 32 Prozent. Tatsächlich aber sprechen die Berechnungen der aktuellen Untersuchung von lediglich rund sechs Prozent grünem Strom, den die Kieler für Ihre Kunden einkaufen. Auch die Stadtwerke Schweinfurt behaupten in einer Pressemitteilung, über dem bundesweiten Schnitt beim Anteil erneuerbarer Energien zu liegen. In der Realität, so die Studie, würden jedoch weniger als fünf Prozent an echtem Ökostrom eingekauft. Vergleichbare Schieflagen unterstellt der Faktencheck auch den Stadtwerken Bochum, Düsseldorf, Leipzig und Unna sowie den Stadtwerke-Marken DEW 21, Rhön Energie, Mainova und Energiegut. Laut Gero Lücking von LichtBlick sind die Ergebnisse der Untersuchung „nur die Spitze des Eisberges“.
Hintergrund der Problematik ist die gesetzliche Stromkennzeichnung. Sie verpflichtet die Energieversorger dazu, in ihrem Strommix einen Pflichtanteil von bis zu 46 Prozent an EEG-Strom auszuweisen. Dieser Strom wird jedoch nicht von den Versorgern eingekauft, weshalb der Strommix letztlich umweltfreundlicher erscheint als er ist. Der Etikettenschwindel bei der Stromkennzeichnung ist also eher Politposse als PR-Mogelei, sagt auch Dr. Peter Ahmels, Bereichsleiter bei der Deutschen Umwelthilfe: „Der Gesetzgeber nimmt bewusst in Kauf, dass die Kennzeichnung von Stromtarifen nicht die Strom-Einkaufspolitik der Anbieter abbildet. Sie können sich auf diese Weise umweltfreundlicher darstellen, als sie sind. Das ist unseriös.“ Das Bündnis pocht auf eine Reform der gesetzlichen Vorgaben bei der Stromkennzeichnung. Sie müsse künftig zu 100 Prozent den Stromeinkauf der Versorger abbilden.
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