Die Nutzung der Atomkraft zur Stromerzeugung in Deutschland ist beendet. Am vergangenen Samstag gingen kurz vor Mitternacht die letzten Meiler vom Netz.
Die drei verbliebenen Atomkraftwerke - die Meiler Emsland in Niedersachsen, Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg - haben ihre Stromproduktion planmäßig zum 16. April eingestellt. Die Anlagen waren zwischen 1982 und 1988 ans Netz gegangen.
Mit der Abschaltung der letzten Meiler endet die Ära des Atomstroms in Deutschland nach mehr als sechs Jahrzehnten. Als erstes kommerzielles Kernkraftwerk war eine Anlage im bayerischen Kahl 1960 in Betrieb gegangen. In der DDR begann die Nutzung der Atomkraft zur Stromerzeugung 1966.
Den ersten Beschluss zum Atomausstieg hatte 2001 die damalige rot-grüne Bundesregierung getroffen. Die ab 2009 regierende schwarz-gelbe Koalition verlängerte die AKW-Laufzeiten zunächst, leitete vor dem Hintergrund der Reaktorkatastrophe in Fukushima 2011 jedoch erneut einen stufenweisen Ausstieg bis Ende 2022 ein. Angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine und der damit verbundenen Energiekrise befanden sich die verbliebenen drei Meiler zuletzt im Streckbetrieb.
Während Umweltverbände und insbesondere die Anti-Atomkraft-Bewegung das Ende der Kernenergie feiern, herrscht politisch noch immer Uneinigkeit. SPD und Grüne bezeichnen den Ausstieg als alternativlos, die Union und auch die mitregierende FDP halten das endgültige Abschalten hingegen für voreilig.
Dr. Christoph Pistner, Leiter des Bereichs Nukleartechnik & Anlagensicherheit am Öko-Institut: "Nach über 35 Jahren Laufzeit der deutschen Atomkraftkraftwerke und mehr als vier Jahrzehnten intensiver Diskussion um den Atomausstieg ist das Kapitel Kernenergienutzung in Deutschland jetzt beendet. Damit geht die Nutzung einer Technologie, die mit dem Risiko schwerer Unfälle sowie mit großen Mengen hochradioaktiver Abfälle und dem Risiko einer Weiterverbreitung von Atomwaffen einhergeht, in Deutschland zu Ende. Gleichzeitig werden der Rückbau der Reaktoren und die sichere Entsorgung der hochradioaktiven Abfälle Deutschland noch viele Jahrzehnte beschäftigen."
Dr. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE): "Deutschland steigt aus der gefährlichsten Technologie zur Energieerzeugung aus, die es je gab. Mit dem Einstieg ins post-atomare Zeitalter muss auch das post-fossile Zeitalter entschieden vorangetrieben werden. Erneuerbare Energien sind jetzt systemsetzend, ihr Ausbau ist noch beherzter voranzutreiben und das Energiesystem auf ihre Bedürfnisse auszurichten."
Heinz Smital, Atom-Experte bei der Umweltschutzorganisation Greenpeace: "Angesichts des geringen Nutzens für unsere Energieversorgung sind aktuelle Forderungen nach erneuten Laufzeitverlängerungen unseriös und sogar gefährlich. Atomreaktoren beinhalten hohe Risiken, die angesichts militärischer Auseinandersetzungen in Europa sogar noch steigen."
Björn Katz, Redaktion StromAuskunft.de