Studie: Das würde ein russischer Gaslieferstopp für Europa bedeuten

Studie: Das würde ein russischer Gaslieferstopp für Europa bedeuten

08.03.2022 | Energienachrichten

Europa ist in hohem Maß von russischem Gas abhängig - es deckt 30 bis 40 Prozent des gesamteuropäischen Bedarfs, in Deutschland sogar über 50 Prozent. Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs und der Wirtschaftssanktionen gegen Russland hat das auf Energiefragen spezialisierte Beratungs- und Analyse-Unternehmen Aurora Energy Research die Auswirkungen eines russischen Gaslieferstopps auf die europäischen Energiemärkte untersucht.

Szenario 1: Reduzierte Gaslieferungen aus Russland

Für den Fall, dass die Gaspipeline Nord Stream 2 weiterhin nicht in Betrieb gehen und die russischen Gasflüsse über die Ukraine unterbrochen würden, prognostizieren die Aurora-Analysten, dass Europa stärker als bisher auf Flüssiggas angewiesen wäre. Zudem müssten die Gaslieferungen durch Pipelines aus Nordafrika erhöht werden.

Die Studie stellt jedoch klar: Dieses Szenario würde "kein nennenswertes Risiko für die Versorgungssicherheit in Europa" bedeuten. Das ohnehin schon hohe Gaspreisniveau würde sich allerdings nochmals verschärfen.

Szenario 2: Kompletter Stopp russischer Gaslieferungen

Ein Extremszenario, in dem es noch vor dem nächsten Winter zu einem Totalausfall der russischen Gaslieferungen nach Europa kommt, würde die hiesigen Energiemärkte laut Analyse vor erhebliche Herausforderungen stellen. In solch einem Fall wäre nicht nur die Diversifizierung von Lieferquellen notwendig, auch müsste die Nachfrage spürbar reduziert werden. Aurora Energy Research schreibt: "Dies wäre mit erheblichen Kosten und Unsicherheiten verbunden und würde starke staatliche Eingriffe in die Strom- und Gasmärkte erfordern."

Bei einem kompletten Lieferstopp aus Russland, so die Studie, müsste Europa deutlich mehr Flüssig- sowie Pipeline-Gas aus anderen Regionen importieren und die Füllstände der eigenen Gasspeicher maximieren. Außerdem müsste die Gasnachfrage insgesamt gesenkt werden. Unter anderem, indem die Stromproduktion in Gas- auf klimaschädlichere Kohlekraftwerke umgestellt wird. Auch müssten unter Umständen industrielle Produktionsprozesse gedrosselt werden.

"Energielieferungen als Waffe"

Anise Ganbold, Leiterin der globalen Energiemärkte bei Aurora Energy Research, kommentiert: "Mit der Eskalation des Krieges zwischen Russland und der Ukraine wird der Einsatz von Energielieferungen als Waffe immer wahrscheinlicher. Unsere Analyse zeigt, dass Europa nur dann in der Lage wäre, einen Totalverlust des russischen Gasimports vollständig auszugleichen, wenn es alle Register zieht."

Manuel Koehler, Managing Director EMEA bei Aurora Energy Research, ergänzt: "Ist es für Europa machbar, im nächsten Winter ohne russisches Gas auszukommen? Es würde Dutzende von Milliarden Euro kosten und erhebliche regulatorische Eingriffe in die Gas- und Strommärkte erfordern, aber ja, die EU könnte den Winter ohne Bezug von russischem Gas überstehen."

Björn Katz, Redaktion StromAuskunft.de


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