Der liberalisierte Strommarkt in Deutschland feiert in diesen Tagen sein 15-jähriges Jubiläum. Ende April 1998 wurde der bis dato oligopolistisch geprägte Stromwettbewerb hierzulande geöffnet. Kritisches Zwischenfazit: Trotz zahlreicher Anbieter und Tarife haben sich günstigere Strompreise für die Verbraucher am Markt noch immer nicht durchgesetzt.
Laut Andreas Hergaß, Chief Operating Officer beim Energiedienstleister Ensys AG, hat die Entwicklung des Strommarktes seit der Liberalisierung zwei Seiten. Die wichtigste Errungenschaft sei die neue Vielfalt des Marktes. Mehr als 1.000 Energieversorgungsunternehmen bemühen sich heute um die Gunst der deutschen Strom- und Gaskunden. Damit gehöre die Bundesrepublik zu den abwechslungsreichsten Energiemärkten in Europa. Auch das im Jahr 2000 eingeführte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) habe eine neue Dynamik entfacht. Hergaß: "Auf dem frisch liberalisierten Markt war es kleinen, innovativen Anbietern von Ökostrom plötzlich möglich, Fuß zu fassen." In diesem Bereich verzeichne die Branche seither ein enormes Wachstum, was zu einer technologischen Vorreiterrolle Deutschlands geführt habe.
Die Kehrseite der Marktentwicklung sei jedoch der politische Aspekt. Die Überregulierung durch den Staat habe dazu geführt, dass die freie Preisgestaltung auf der Strecke geblieben sei. "Die Anbieter haben auf den Strompreis zum großen Teil gar keinen Einfluss. Stromproduzenten, Netzbetreiber und der Staat geben hier den Ton an, nicht zuletzt die EEG-Umlage hat gerade erst zu erheblichen Preiserhöhungen geführt", bemängelt Andreas Hergaß.
Der Anteil von Steuern und Abgaben sowie gesetzlich regulierten Bestandteilen am Strompreis ist in den vergangenen 15 Jahren um fast 30 Prozent gestiegen. 1998 lag er noch bei weniger als 50 Prozent, in der Gegenwart bei mehr als 75 Prozent. Betroffen sind von dieser Entwicklung vor allem die Privathaushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen. Eine Preisentlastung kommt bisher allenfalls der verbrauchsintensiven Industrie durch staatliche Sonderregelungen zu Gute. Andreas Hergaß: "Das Thema Preis ist die große Herausforderung unseres freien Marktes, vor allem in Zeiten der Energiewende. Der Strompreis muss in einem hinnehmbaren Bereich bleiben. Daran können nur diejenigen etwas ändern, die über Steuern und Abgaben entscheiden."
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Björn Katz, Redaktion StromAuskunft