Längere Laufzeiten für deutsche Atomkraftwerke, wie sie die schwarz-gelbe Bundesregierung derzeit vorbereitet, wären wegen der nicht im Ansatz geklärten Entsorgung der hochradioaktiven Abfälle rechts- und verfassungswidrig. Das ist das Ergebnis eines Rechtsgutachtens, das die Deutsche Umwelthilfe gestern in Berlin vorgestellt hat. Die Expertise kommt zu dem Ergebnis, dass die Nutzung der Atomenergie dann in einen eklatanten Widerspruch zu den verfassungsrechtlichen Schutzpflichten des Staates gerät, wenn die 2002 mit dem Atomausstiegsgesetz festgelegte Mengenbegrenzung der Atommüllproduktion aufgehoben wird. Dies wäre bei einer Laufzeitverlängerung der Fall.
"Wir erleben in diesen Wochen eine merkwürdig eindimensionale Debatte über die angebliche Notwendigkeit längerer Reaktorlaufzeiten, während gleichzeitig das grandiose Scheitern des Versuchs, schwach- und mittelaktive Atomabfälle im Salzbergwerk Asse II dauerhaft zu entsorgen, eingestanden werden muss", so DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. Im Ergebnis sei die Endlagerfrage in Deutschland heute noch offener als zu der Zeit, als das Atomausstiegsgesetz 2002 im Bundestag verabschiedet wurde. Baake erläuterte, dass die 2001 zwischen der damaligen rot-grünen Bundesregierung und den Kraftwerksbetreibern ausgehandelte Vereinbarung über den Atomausstieg auch die Konsequenz aus der Tatsache zog, dass für die Entsorgung der Brennelemente trotz jahrzehntelanger Bemühungen kein Endlager zur Verfügung stand. Mit dem Atomausstiegsgesetz habe der Gesetzgeber damals die Konsequenzen gezogen. Sollte es jetzt ohne Vorliegen sogenannter überragender Gemeinwohlgründe zu einer Laufzeitverlängerung kommen, verletze der Staat seine verfassungsrechtlichen Vorsorge- und Schutzpflichten, indem er die Produktion von zusätzlichem Atommüll ohne geeignete Entsorgungsmöglichkeit zulasse.
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Björn Katz, Redaktion StromAuskunft