Kurz vor dem 23. Jahrestag der Tschernobyl-Katastrophe betont Lutz Mez, Geschäftsführer der Forschungsstelle Umweltpolitik an der Freien Universität Berlin, gemeinsam mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), dass ein Comeback der Atomkraft nicht in Sicht und auch nicht wünschenswert sei: "Die Atomenergie trägt weltweit so gut wie nichts zum Klimaschutz bei. Sie ist und bleibt eine Technologie unbeherrschbarer Risiken, gerade was die Weiterverbreitung nuklearer Materialien und die Entsorgung des Strahlenabfalls betrifft. Sie bremst den Ausbau der erneuerbaren Energien und ihre Bedeutung sinkt in globaler Hinsicht."
Die Anzahl der weltweit betriebenen Atommeiler beziffert der BUND auf aktuell 436. Dies seien acht weniger als vor sieben Jahren. Gesunken sei auch der Atomstromanteil - im globalen Strommix liege er derzeit bei 14 Prozent. Trotz einiger AKW-Neubauten wie in China oder Indien gingen weltweit deutlich mehr Meiler altersbedingt vom Netz als neue gebaut würden. In der Europäischen Union sei der Rückgang in der Atombranche besonders deutlich: Die Zahl der Atomkraftwerke sei 1988 am Höchsten gewesen. Waren damals 177 Reaktoren in Betrieb, seien es derzeit noch 145.
"Es ist mitnichten ein nationaler Sonderweg, wenn Deutschland am Ausstieg aus der Atomkraft festhält", so der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. "Belgien und Spanien wollen ebenfalls auf Atomstrom verzichten. Ob in Großbritannien oder Polen jemals neue Atommeiler errichtet werden, steht in den Sternen. In Europa baut außer Finnland derzeit nur Frankreich an einem neuen Reaktor und in Bulgarien geht es um die Fertigstellung eines Uraltprojektes aus sozialistischen Zeiten. Überall, wo in Europa neue Atomkraftwerke geplant werden, zeigt sich früher oder später, dass dies ein teurer Irrweg ist."
Mez und Weiger appellieren an die Energie- und Wirtschaftspolitiker aller Parteien, sich von den Gewinninteressen der Atomindustrie nicht beeindrucken zu lassen. Im Übrigen sei das Wahljahr 2009 für die künftige Energie- und Atompolitik in Deutschland entscheidend. Es gehe um die Frage, ob sich der Atomausstieg beschleunigen lasse oder ob es Laufzeitverlängerungen für alte und gefährliche Reaktoren gebe. Laut Atomausstiegsgesetz müssten in der nächsten Legislaturperiode sieben Meiler vom Netz genommen werden.
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Björn Katz, Redaktion StromAuskunft