Die EU hat final beschlossen, den europäischen Strommarkt zu reformieren. Im Zentrum der vom Ministerrat bestätigten Beschlüsse stehen die Absicherung von Verbrauchern angesichts der hohen Strompreise sowie die intensivere Förderung erneuerbarer Energien.
von Björn Katz
Hintergrund der Strommarktreform ist die Energiekrise 2022. Insbesondere ausgelöst durch den russischen Angriff auf die Ukraine waren die Energiepreise binnen weniger Monate um ein Vielfaches gestiegen - mit dramatischen Folgen für Millionen Haushalte in Europa, die noch immer spürbar sind: Die Kosten für Gas und Strom liegen nach wie vor deutlich über dem Vor-Krisen-Niveau.
Um den Strommarkt in Europa nachhaltig zu stabilisieren und Haushalte und Unternehmen in Zukunft vor explodierenden Strompreisen zu schützen, zielt ein Großteil der Beschlüsse auf die Stärkung von Verbraucherrechten ab. Diese sollen künftig sowohl ein Recht auf Festpreistarife als auch auf Stromverträge mit dynamischen Preisen haben. So können sie sich wahlweise für Sicherheit und Langfristigkeit entscheiden oder für das gezielte Nutzen von Preisschwankungen - etwa um Strom immer dann zu verbrauchen, wenn er durch hohe Einspeisung oder geringe Netzauslastung besonders günstig ist.
Ein weiterer wichtiger Beschluss: Stromanbieter dürfen die Vertragsbedingungen ihrer Tarife künftig nicht mehr einseitig ändern. Auf diese Weise sollen plötzliche Preisexplosionen Haushalte und Unternehmen weniger hart und unvorbereitet treffen. Nach bisheriger Regelung haben Kunden bei einseitigen Preisänderungen zwar ein Sonderkündigungsrecht, wenn der Markt jedoch keine günstigen Alternativen bietet - wie auf dem Höhepunkt der Energiekrise geschehen - nützt ihnen dieses kaum.
Die EU-Mitglieder sollen außerdem auf nationaler Ebene Energieversorgern untersagen, Stromsperren gegen "schutzbedürftige" Haushalte zu verhängen, auch bei Streitigkeiten zwischen Versorgern und Verbrauchern. Im Falle einer Strompreiskrise, die unter bestimmten Bedingungen von den EU-Ländern ausgerufen werden kann, sollen die Strompreise für Bedürftige zudem gezielt gesenkt werden können.
Neben der Stärkung des Verbraucherschutzes will die EU auch den weiteren Zubau erneuerbarer Energien intensiver fördern. Gelingen soll dies durch langfristige Abkommen zwischen Regierungen und Stromerzeugern, sogenannte Differenzverträge. Das Prinzip: Die EU-Staaten garantieren Erzeugern einen Mindestpreis für Strom, wenn sie neue Investitionen in klimafreundliche Energien tätigen. Fällt der Marktpreis unter das vereinbarte Niveau, gleicht der Staat die Differenz aus. Liegt der Preis höher, geht der Überschuss an den Staat.