Teure Stromtarife für Neukunden - StromAuskunft

Teure Stromtarife für Neukunden - Verbraucherzentrale mahnt Grundversorger ab

17.01.2022 | Energienachrichten

Weil einige Grundversorger ihre Stromtarife für Neukunden massiv verteuert haben, reagieren Verbraucherschützer aktuell mit Abmahnungen. Die Versorger sehen die Schuld hingegen bei unseriösen Billig-Stromanbietern, die ihre Kunden im Regen stehen lassen.

"Ungleichbehandlung" von Stromkunden

Die drastisch gestiegenen Preise für Strom und Gas sorgen für Turbulenzen auf dem Energiemarkt: Weil eine Reihe von Discountanbietern kurzfristig die Belieferung Hunderttausender Haushalte eingestellt hat, sind die betroffenen Kunden in die örtliche Ersatzversorgung gerutscht.

Wie eine aktuelle Marktstichprobe der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zeigt, verlangt ein Großteil der Grundversorger von den neuen Kunden nun Preise, die um ein Vielfaches höher liegen als die der Bestandskunden. Aus Sicht der Verbraucherschützer eine Ungleichbehandlung, die gegen geltende Vorschriften des Energierechts verstößt. Nun wurden die Unternehmen Rheinenergie, Stadtwerke Gütersloh und Wuppertaler WSW Energie & Wasser AG abgemahnt.

Betroffene sind "verzweifelt"

"Die Benachteiligung von Verbraucher:innen, die ohne eigenes Verschulden in die Grundversorgung zurückfallen, ist rechtswidrig und widerspricht dem eigentlichen Schutzzweck der Grundversorgung", erklärt Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW. "Wir werden daher mit allen juristischen Mitteln gegen diese Benachteiligung vorgehen (...)"

Die Betroffenen seien "geradezu verzweifelt über die immensen Gas- und Strompreise, die einige Energieanbieter für die Ersatzversorgung aufrufen", berichtet Schuldzinski. "Die Höhe der Abschlagszahlungen beträgt ein Vielfaches der bisherigen monatlichen Kosten. Das bringt gerade Haushalte mit weniger Einkommen in Bedrängnis."

Doppelte bis dreifache Strompreise für Neukunden

Die Marktstichprobe hat ergeben: Von insgesamt 23 untersuchten Anbietern haben 18 einen Neukundentarif für die Stromgrundversorgung eingeführt. Die Differenz zwischen den Neukunden- und Bestandskundenpreisen dieser Anbieter beträgt dabei durchschnittlich mehr als das Doppelte. Drei der untersuchten Anbieter nehmen aktuell sogar einen Neukundenpreis von über 90 Cent pro Kilowattstunde. Das entspricht nahezu dem Dreifachen des momentanen Durchschnittspreises von Grundversorgungstarifen.

Grundversorger sehen sich im Recht

Der Kölner Grundversorger Rheinenergie schreibt in einer aktuellen Stellungnahme: "Wir sind äußerst verwundert über das Vorgehen der Verbraucherzentrale NRW. Diese sieht offenbar die wahren Auslöser des Problems nicht: Wir spannen als Grundversorger Fangnetze für die Kundinnen und Kunden auf, die durch das rücksichtslose Marktgebahren anderer Marktteilnehmer auf die Ersatzversorgung angewiesen sind. Stromio und Co. sind nicht insolvent, sondern haben einfach ihre betriebswirtschaftlichen Risiken bei uns, den Grundversorgern, abgeladen und Kunden einfach herausgeworfen."

Auch der Branchenverband BDEW stellt sich auf die Seite der Grundversorger und teilt mit: "Das Problem sind die unseriösen Billigstrom-Anbieter. Sie lassen die Kundinnen und Kunden einfach im Regen stehen. Sie erfüllen ihre Lieferverpflichtungen nicht und wälzen ihre hausgemachten Probleme auf die Grundversorger ab. (...) Nachdem Unternehmen wie Stromio oder gas.de einfach die Energie-Belieferung eingestellt haben, mussten die Grundversorger für die betroffenen Kunden von heute auf morgen zusätzliche Strom- oder Gasmengen im Energiehandel einkaufen. Und das in der Phase, in der die Energiepreise an den Börsen in nie dagewesene Höhen geschossen sind."

Weiter heißt es: "Nicht nachzuvollziehen ist die Haltung einiger Verbraucherzentralen, dass ein Neukundentarif nicht angemessen sei. Wenn die Grundversorger die neuen Kunden zum gleichen Tarif wie für die Bestandskunden aufnehmen müssten, dann steigen die Kosten für alle. Das bedeutet, dass auch Bestandskunden in Mitleidenschaft gezogen werden. Das ist kein umfassender Verbraucherschutz."

Björn Katz, Redaktion StromAuskunft.de

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