Erneuerbare Stromquellen wie Wind- und Solarkraft hatten im ersten Halbjahr 2020 einen Anteil von gut 50 Prozent am Strommix in Deutschland. Damit ist die Ökostrom-Quote auf einem neuen Rekordniveau angelangt. Die Marktexperten der Berliner Denkfabrik Agora Energiewende mahnen jedoch, dass die erzielten Höchstwerte nicht nur auf die fortschreitende Energiewende zurückzuführen seien, sondern auch auf eine besonders günstige Wetterlage sowie die temporären Auswirkungen der Corona-Pandemie.
Viel Wind und Sonnenschein, eine nachteilige Marktlage für Kohlestrom und die Corona-bedingt gesunkene Energienachfrage haben nicht nur die Ökostrom-Quote in Deutschland auf ein Rekordhoch klettern lassen, auch die energiebedingten CO2-Emissionen sind entsprechend geschrumpft. Die Folge: Das noch vor Kurzem unerreichbar scheinende Klimaziel 2020 wird laut Expertenprognose voraussichtlich erfüllt.
Der Ökostrom-Anteil in Deutschland lag nach Angaben von Agora Energiewende in der ersten Jahreshälfte bei 50,3 Prozent. Demgegenüber nahm die Kohleverstromung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 40 Prozent ab, so dass die hiesigen Kohlekraftwerke aktuell weniger als 20 Prozent des Stroms in Deutschland bereitstellen. Dafür sorgen vor allem der anhaltend niedrige Gaspreis, der die Nutzung von Gaskraftwerken attraktiv macht, sowie ein stabiler CO2-Preis in der EU, der klimaschädlichen Kohlestrom gezielt verteuert.
Die jüngste Entwicklung im Stromsektor habe zu CO2-Einsparungen von mehr als 30 Millionen Tonnen geführt, berichtet Agora Energiewende. Zwei Drittel dieser Einsparungen würden allerdings auf die Pandemie und ihre Folgen zurückgehen. "Das Klimaschutzziel 2020 von 40 Prozent Emissionsminderung gegenüber 1990 werden wir aller Voraussicht nach erreichen", so Agora-Chef Patrick Graichen gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Das liege aber im Wesentlichen an der Coronakrise und sei ein temporärer Effekt. Dauerhafter Klimaschutz brauche mehr erneuerbare Energien, ambitionierte CO2-Preise und einen raschen Umstieg auf Elektromobilität.
"Die Kombination aus niedriger Stromnachfrage und vielen Sonnen- und Windstunden hat uns in der ersten Jahreshälfte etliche Tage beschert, an denen unsere Stromversorgung fast ausschließlich durch erneuerbare Energien gesichert wurde", erklärt Patrick Graichen. Damit das so bleibe, müsse zwingend die Zubaukrise bei der Windkraft behoben werden. Während die Auktionen für neue Solarkraft-Projekte regelmäßig und deutlich überzeichnet sind, werden neue Windenergie-Vorhaben aufgrund der unsicheren politischen und wirtschaftlichen Lage derzeit kaum angestoßen.
Björn Katz, Redaktion StromAuskunft.de