Nach Einschätzung des Berliner Think-Tanks Agora Energiewende hat das zurückliegende Jahr 2016 für die Energiewende sowohl gute als auch schlechte Entwicklungen gebracht: Einerseits sei das Stromsystem das dritte Jahr in Folge klimafreundlicher geworden, hätten sich Gaskraftwerke Marktanteile von klimaschädlicheren Kohlekraftwerken zurückerobern können, sei der Atomausstieg nach Plan verlaufen, hätten Erneuerbare-Energien-Anlagen so viel Strom wie nie zuvor geliefert, sei der Stromverbrauch gesunken und die Zustimmung der Bevölkerung zur Energiewende weiter gestiegen. Andererseits seien die Gesamt-Klimagasemissionen Deutschlands ebenso wie die Strompreise für Haushalte abermals gestiegen, und die Fortschritte für die Energiewende würden so langsam erfolgen, dass die für 2020 gesetzten Ziele für Klimaschutz und Effizienz nur noch mit einer großen zusätzlichen Kraftanstrengung erreichbar seien.
Kritisch sehen die Experten vor allem die Tatsache, dass die CO2-Emissionen des Stromsektors zwar im dritten Jahr in Folge gesunken seien, in den Bereichen Industrie, Wärme und Verkehr jedoch kaum Klimaschutz stattfinde. "Die Energiewende ist nicht nur eine Sache des Stromsektors - jetzt müssen auch Industrie, Wärme und Verkehr ihre Klimaschutzbeiträge liefern", fordert Dr. Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende.
Die Jahresauswertung zeige auch, dass 2016 das Jahr der billigen Energie gewesen sei. So seien sowohl die Weltmarktpreise für Kohle, Öl und Gas gesunken als auch die Strompreise an der Börse. Dies habe jedoch nicht für den Haushaltsstrompreis in Deutschland gegolten. Er übersteige 2017 die Marke von 30 Cent pro Kilowattstunde. "Bleibt das System der Abgaben und Umlagen wie es ist, so ist bis 2023 ein weiterer Anstieg der Strompreise absehbar", prognostiziert Graichen. "Erst danach kommen die "Ernte-Jahre" der Energiewende. Nach der Bundestagswahl sollte die Energiepolitik daher das System der Steuern, Abgaben und Umlagen auf Energie komplett überarbeiten. Denkbar wäre es etwa, die Stromkosten zu senken, und die Abgaben und Umlagen auf klimaschädliche Energieträger wie Kohle, Heizöl, Diesel, Benzin und Gas zu verlagern."
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Björn Katz, Redaktion StromAuskunft