Energiewende, Atomausstieg und massive Gewinneinbußen haben bei den deutschen Energiekonzernen offenbar nachhaltige Spuren hinterlassen. Aktuell liegt eine Reihe ursprünglich geplanter Kraftwerksneubauten auf Eis. Vor allem an die immer unwirtschaftlicher werdenden fossilen Gas- und Kohleanlagen trauen sich die Erzeuger zur Zeit nicht.
Kritische Kapazitäten
„Beim Kraftwerksbau droht eine neue Eiszeit“, kommentiert Hildegard Müller, Chefin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), das aktuelle Investitionsklima in Bezug auf Kraftwerksneubauten. Laut Zahlen des BDEW fehlt derzeit für 22 Neubauprojekte im gesamten Bundesgebiet das „Go“ der Stromerzeuger. Die Energiebranche begründet ihr Zögern mit unklaren politischen Rahmenbedingungen und der zunehmenden Unwirtschaftlichkeit konventioneller Kraftwerkstypen. Mittelfristig, so die BDEW-Chefin, reiche die hiesige Kraftwerkskapazität nicht mehr aus, um die Einbußen durch den Atomausstieg sowie altersbedingte Stilllegungen in den nächsten Jahren zu kompensieren. Zudem seien weitere Kraftwerksschließungen aufgrund des wirtschaftlichen Drucks und der gleichzeitig sinkenden Rentabilität von Gas- und Kohleanlagen zu befürchten. Deshalb sei nun die Politik gefordert, schnellstmöglich ein neues Marktdesign zum Verhältnis zwischen konventioneller und erneuerbarer Energie zu erarbeiten. Die stromerzeugende Branche brauche Klarheit für ihre milliardenschweren Investitionen.
Deutschlands größte Energiekonzerne, E.ON und RWE, haben ihre Planungen für neue Gas- und Kohlekraftwerke momentan komplett gestrichen. Allenfalls bereits begonnene Großprojekte sollen fortgesetzt werden. Der Einspeisevorrang und daraus folgende massive Zubau erneuerbarer Energien aus Wind und Sonne drängt Kraftwerke auf Basis fossiler Verbrennung zunehmend aus dem Markt. Dies betrifft jedoch nicht nur den ungeliebten Klimakiller Kohle, sondern mittlerweile auch die als Brückentechnologie eingeplanten weil flexibel regelbaren Gaskraftwerke. Letztere werden jedoch jetzt und in Zukunft dringend benötigt, um die schwankenden Erträge aus regenerativer Stromerzeugung bei Bedarf ausgleichen zu können.
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