Nachdem das Gezanke um neue Stromautobahnen quer und längs durchs Land seit Jahresbeginn von dem noch lauteren Geschrei wegen steigender und ungleich verteilter Netzentgelte übertönt wird, lohnt es sich mal wieder nachzufragen: Wie steht’s denn aktuell um den Stromnetzausbau in Deutschland?
Netzausbau im Zeitplan
Die Bundesnetzagentur hat in der vergangenen Woche einen Bericht zum Stand der Dinge in Sachen Stromnetzausbau veröffentlicht. Zuerst die gute Nachricht: Der Netzausbau kommt voran, sagt die Agentur. Das heißt eigentlich nichts anderes, als dass man im selbstgesteckten Zeitplan liegt. Und nun die schlechte, wenn auch wenig überraschende Nachricht: Die drei großen Nord-Süd-Trassen für die Windstromdurchleitung werden 2022, wenn die letzten deutschen Atomkraftwerke vom Netz gehen, noch nicht einsatzbereit sein. Nach gegenwärtigen Planungen visiert die Bundesnetzagentur das Jahr 2025 für die Fertigstellung an.
Ein paar Zahlen: Von den 7.700 bereits im Jahr 2009 festgelegten Stromleitungskilometern sind laut Bericht bis dato rund 850 realisiert. Bis Ende des Jahres, so die Zielsetzung der Netzagentur, sollen 45 Prozent dieser vorrangigen Stromleitungen fertiggestellt sein. Was den zusätzlichen, im Jahr 2013 festgeschriebenen Netzausbaubedarf angeht, so sind von 5.900 Leitungskilometern inzwischen 450 genehmigt und knapp 150 realisiert worden. Puh, das klingt noch nach Arbeit.
Stichwort Erdkabel: Ein wesentlicher Faktor für das schleppende Tempo beim Stromnetzausbau ist der 2016 beschlossene Vorrang von Erdkabeln gegenüber Hochspannungsmasten. Dies warf zum Teil bereits abgeschlossene Trassenplanungen völlig über den Haufen. Und obwohl die Erdverkabelung nicht nur Zeit, sondern auch zusätzliche Milliarden kostet, wird sie von Seiten der Bundesnetzagentur beharrlich verteidigt. Erdkabel würden direktere Trassenführungen ermöglichen und damit Wege sparen, heißt es aus der Behörde. Außerdem sei durch diese Entscheidung mit deutlich geringeren Protesten und Blockaden aus der Bevölkerung zu rechnen, was die Prozesse insgesamt weniger langwierig gestalte. Ohne Erdkabel, da ist man sich in der Netzagentur sicher, würde der Netzausbau überhaupt nicht vorankommen.
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