Erstmals haben digital vernetzte E-Autos als Teil eines virtuellen Kraftwerks das deutsche Stromnetz stabilisiert – und das während sie im Alltag von Haushaltskunden genutzt wurden.

Problem wird zur Lösung
Die Energiewende in Deutschland benötigt Speichermöglichkeiten für Strom aus erneuerbaren Energien. Gleichzeitig stellt der Hochlauf der Elektromobilität die künftige Stabilität der Stromnetze vor große Herausforderungen, beispielsweise wenn viele Fahrzeuge in einem Gebiet gleichzeitig laden. Durch die Integration von Elektroautos in virtuelle Kraftwerke kann das Problem jedoch zur Lösung werden: Die mit hoher Ladekapazität ausgestatteten Batterien sind schon heute ideal, um überschüssige Strommengen schnell und sicher aufzunehmen. Als Teil eines virtuellen Kraftwerks können die E-Autos zum Beispiel nachts überschüssigen Ökostrom laden, so dass sie tagsüber keine klimaschädliche Energie aus Gas- oder Kohlekraftwerken benötigen. Zugleich werden Lastspitzen im Stromnetz auf diese Weise geglättet.
Sonnen und TenneT machen E-Autos zum Kraftwerk
Ein entsprechendes Leuchtturmprojekt hat der Stromspeicheranbieter Sonnen in Zusammenarbeit mit dem Übertragungsnetzbetreiber TenneT auf den Weg gebracht. Dazu wurde das bislang rein auf Stromspeichern basierende virtuelle Kraftwerk von Sonnen um E-Autos ergänzt. Nach einer erfolgreichen Testphase konnte die Technologie nun erstmals in den Alltag von Haushalten überführt werden.
Neben ihrer normalen Nutzung im Alltag werden die Autos zum aktiven Teil des Stromnetzes: Erste Fahrzeuge sind im Netzgebiet von TenneT bereits in das virtuelle Kraftwerk integriert und können sogenannte Primärregelleistung erbringen. Das bedeutet, dass die Speicherkapazität der Batterien innerhalb von 30 Sekunden flexibel regelbar für den Ausgleich von Laständerungen im Stromnetz zur Verfügung stehen muss. Das wird allein über einen intelligenten Ladevorgang erreicht, eine zusätzliche Abnutzung der Fahrzeugbatterien durch Entladung findet nicht statt.
Im ersten Schritt werden die Ladevorgänge aller angeschlossenen Elektroautos gleichmäßig über einen längeren Zeitraum verteilt, um Lastspitzen zu einer bestimmten Tageszeit zu vermeiden. Grundlage hierfür sind Angaben der Kunden, zu welchen Zeiten sie ihr Auto benötigen. Im zweiten Schritt werden dann Frequenzabweichungen des Stromnetzes ausgeglichen, die Vorgaben dafür kommen vom Netzbetreiber TenneT. Das so gesteuerte Ladeverhalten soll das Stromnetz ohne Einschränkungen für die Nutzer stabilisieren.
Gewinnbeteiligung für E-Autofahrer
Im nächsten Schritt plant Sonnen, weitere 5.000 Haushalte mit Elektroauto in das virtuelle Kraftwerk einzubinden, um gemeinsam mit den bereits angeschlossenen Stromspeichern ein Potenzial von rund 80 Megawatt zu erschließen. Von der Bereitstellung der Primärregelleistung sollen auch die E-Autofahrer selbst profitieren: Sonnen bietet bereits heute eine Gewinnbeteiligung an seinem virtuellen Kraftwerk und will mit der Einbindung der Elektroautos weitere Vergütungsmodelle entwickeln. Kunden sollen dadurch gezielte Anreize erhalten, das Laden ihres E-Fahrzeugs netzverträglich steuern zu lassen.
Oliver Koch, CEO von sonnen, fasst zusammen: „Mit der Aufnahme von Elektrofahrzeugen in unser virtuelles Kraftwerk machen wir einen großen Schritt, indem wir das Laden von Elektroautos nutzen, um gleichzeitig Angebot und Nachfrage im Stromnetz auszugleichen und es so stabilisieren. Damit können wir das enorme Speicherpotenzial von E-Autos bereits heute nutzen und dazu beitragen, dass wir fossile Kraftwerke früher abschalten können.“
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