Immer mal was Neues: Üblicherweise zitiere ich an dieser Stelle regelmäßig Studien, die uns vor Augen führen, wie sehr Klima und Verkehr von einem fortgeschrittenen Grad an Elektromobilität profitieren würden. Am gestrigen Montag ist nun eine Analyse der New Yorker Strategieberatung Oliver Wyman unter dem Titel „Der E-Mobilitäts-Blackout“ erschienen, die das herbeigesehnte Massen-Elektroauto in ein ganz anderes Licht rückt. Kernthese der Studie: Eine steigende E-Auto-Quote wird in Deutschland mittelfristig zu flächendeckenden Stromengpässen führen.
Studie prognostiziert Stromengpässe durch steigende E-Auto-Quoten
Die Oliver-Wyman-Studie skizziert folgendes Szenario: Im Jahr 2035, so die Annahme, werde mehr als jedes dritte Auto auf deutschen Straßen ein Stromer sein. In bestimmten Hotspots mit einer hohen Affinität der Bevölkerung zur Elektromobilität könne bereits in fünf bis zehn Jahren eine E-Auto-Quote von 30 Prozent erreicht sein. Und ab genau dieser Quote komme es zu Engpässen bei der Stromversorgung, denn für diese Menge an Elektromobilen sei das deutsche Niederspannungsnetz unter den gegebenen regulatorischen Rahmenbedingungen nicht ausgelegt. Ab den frühen 2030er Jahren sei bei fortschreitender Entwicklung der Elektromobilität sogar mit flächendeckenden Blackouts zu rechnen. Der einzige Weg aus der Bredouille sei die Flexibilisierung von Ladevorgängen – und nicht etwa der klassische Netzausbau, der viel zu lange Vorlaufzeiten und hohe Investitionen verlange.
Und das geht so: Die Ladevorgänge von E-Autos sind in der Regel bereits heute so kurz (und in Zukunft noch kürzer), dass ein Fahrzeug beispielsweise nachts am Netz sein kann, ohne die ganze Zeit über aktiv geladen werden zu müssen. Es gilt, die Ladevorgänge zeitlich zu flexibilisieren und damit zu entzerren. Sprich: Manche E-Autos laden am Abend, andere um Mitternacht und wieder andere in den frühen Morgenstunden. Durch diese Flexibilisierung wird die Belastung des Stromnetzes auf einen längeren Zeitraum verteilt, so dass die Gefahr eines flächendeckenden Stromausfalls minimiert wird. Voraussetzung für das Prinzip ist die Koordination der Ladevorgänge auf Basis einer intelligenten Software. Bereits wenn 30 Prozent der E-Autofahrer am flexiblen Laden teilnehmen würden, so die Studienautoren, sinke die kritische Spitzenlast signifikant. Gelinge es, etwa 90 Prozent der Ladevorgänge zu flexibilisieren, werde der zusätzliche Netzausbau, selbst bei einer 100-prozentigen E-Auto-Quote, überflüssig.
Ein kleiner aber feiner Faktor findet in der Studie leider keine Beachtung: Idealerweise wird ein erheblicher Teil der elektromobilen Stromversorgung in Zukunft völlig außerhalb der Netze stattfinden. Dann nämlich, wenn Nutzer von E-Autos ihr Fahrzeug mit Sonnenstrom aus der heimischen PV-Anlage bzw. dem angeschlossenen Batteriespeicher laden und überschüssigen Strom, den sie nicht verfahren, möglicherweise sogar an die öffentlichen Netze abgeben. In diesem Fall wirkt sich das Zusammenspiel aus Solarstromerzeugung und Elektromobilität sogar konkret entlastend auf das Stromnetz aus.
Bild © Daniel Bönnighausen, Pixelio
jogi54 meint
Man muss da auch die Relationen ansehen
bei 30km/Tag bzw 10950km/a braucht man bei brutto 17kWh/100km dann 1861kWh/a bzw 5,1kWh/Tag
Ein Haushalt mit 3000kWh/a Verbrauch verbraucht 8,2kWh/Tag, das meiste tagsüber und abends.
Wenn dann das e-car von Mitternacht bis 6Uhr mit 850W (=5100W) lädt, wird das kein Netz wirklich belasten.
Real betrachtet ist das dann auch keine Mehrbelastung/Mehrverbrauch von 5,1kWh/Tag.
Da die Raffinerie, je nach Quelle für die Spritproduktion zwischen 7 – 11kWh/100km Strom verbraucht, reduziert sich der nötige zusätzliche Strombedarf deutlich. Die meisten e-cars können mit dem bei den Raffinerien eingesparten Strom schon mal 60km weit fahren…
lg jogi