Vier Jahre nach Fukushima ist das Projekt Atomausstieg in Deutschland nicht nur zementiert, sondern auch längst zum Common Sense innerhalb der Bevölkerung geworden. Dass dies außerhalb der nationalen Energiewende jedoch keineswegs selbstverständlich ist, zeigt ein Blick auf unsere europäischen Nachbarn: Neben nur zwei wirklichen Atomaussteigern gibt es zahlreiche EU-Mitglieder, die weitermachen, ihren Kraftwerkspark vergrößern oder überhaupt erst neu einsteigen.
Atomausstieg bleibt Seltenheit
Mit Deutschland und Belgien haben bislang nur zwei EU-Mitgliedstaaten, die über Atomkraftwerke verfügen, ihren Ausstieg aus der Risikotechnologie verkündet und diesen auch relativ verbindlich datiert. Während sich der Atomausstieg in der Bundesrepublik schrittweise bis zum Jahr 2022 vollzieht, soll der letzte belgische Meiler drei Jahre später vom Netz gehen. Momentan sind hierzulande noch neun Reaktoren an acht Standorten aktiv, in Belgien stehen auch aufgrund technischer Probleme nur noch vier von ursprünglich sieben Anlagen an zwei Standorten in Betrieb. Kein Ausstieg, aber auch keine AKW-Neubauten – so lautet das derzeitige Motto in Spanien und den Niederlanden. Die Iberer verfügen über sieben aktive Reaktoren, in Holland gibt es lediglich einen einzigen.
Neben Frankreich, Europas unangefochtenem Atomkraft-Spitzenreiter mit sage und schreibe 58 in Betrieb stehenden Reaktoren, zeigen sich momentan vor allem Großbritannien und Finnland als Aktivposten bei der Kernenergie. Im Südwesten Englands soll mit der heftig umstrittenen Anlage Hinkley Point unter Billigung der EU ein staatlich subventioniertes Atomkraftwerk entstehen. Finnland, das bereits ein Drittel seines Strombedarfs durch Kernenergie deckt und dafür bislang vier Reaktoren nutzte, baut derzeit einen fünften. Hinzu kommen die EU-Mitgliedstaaten, die einen Neu- bzw. Wiedereinstieg in die Atomkraft erwägen: Polen und Litauen – jeder für sich mit ganz eigenen Energieproblemen. Während Litauens Versorgung extrem abhängig von russischem Gas ist, verzeichnet Polen durch die intensive Nutzung der Kohlekraft unrühmliche Rekordquoten beim CO2-Ausstoß.
Eine einheitliche Linie Europas in Sachen Atomausstieg? Nicht in Sicht. Der Energiemix eines EU-Mitglieds ist nationale Angelegenheit und Brüssel hegt keine Ambitionenen, dies in Frage zu stellen. Laut Statistik nutzen gegenwärtig 14 von 28 EU-Staaten die Kernenergie.
Bild © Pixelio, S. Hofschlaeger
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