Während das Thema Kohleausstieg hierzulande noch immer hart umkämpft ist und zuletzt beim Klimaschutzplan 2050 zur Zerreißprobe der Regierungsfraktionen zu werden drohte, hat ein ganzer Teil der Welt quasi ad hoc den Beschluss gefasst, die Schlote so schnell wie möglich zu schließen. Knapp 50 Staaten – darunter vor allem wirtschaftlich ärmere – haben im Rahmen der Klimakonferenz in Marrakesch eine entsprechende Initiative vorgestellt.
Entwicklungs- und Schwellenländer wollen raus aus der Kohle
Die meisten der insgesamt 48 Unterzeichnerstaaten gehören zur Koalition jener Länder, die besonders von den Folgen des Klimawandels betroffen sind und dem „Climate Vulnerable Forum“, kurz CVF, angeschlossen sind. Große globale Klimasünder wie die USA, China oder die EU-Staaten sucht man in der Initiative vergebens, die Unterzeichner sind hauptsächlich sogenannte Entwicklungs- und Schwellenländer aus Asien, Afrika und der Karibik – auch Konferenz-Gastgeber Marokko gehört dazu. Ihr Ziel: So schnell wie möglich auf 100 Prozent erneuerbare Energieversorgung umstellen, spätestens jedoch bis zum Jahr 2050. So soll die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius begrenzt werden. Diese Zahl nennt der Pariser Klimavertrag zwar auch, die Verwirklichung gilt jedoch als schwer erreichbar bis illusorisch.
Auf die deutsche Hängepartie rund ums Thema Kohleausstieg reagieren Umweltorganisationen mit Unverständnis und angesichts der Entscheidungsfreude der Unterzeichnerstaaten von Marrakesch auch mit einer inzwischen wohl angebrachten Portion Häme: „Es ist ein Armutszeugnis, dass Deutschland beim Kohleausstieg inzwischen von immer mehr Ländern überholt wird. Die Bundesregierung darf diese wichtige Entscheidung nicht länger verschleppen, sie muss jetzt einen sozialverträglichen Ausstieg aus der Kohle bis spätestens 2030 umsetzen“, kommentiert stellvertretend Greenpeace-Deutschland-Geschäftsführer Martin Kaiser. Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium und Teil der deutschen Delegation in Marrakesch, betont hingegen, der Kohleausstieg komme auch in Deutschland: „Dass wir das am Ende machen, daran kann doch überhaupt kein Zweifel bestehen. Und vielleicht müssen wir das ein bisschen schneller machen, als der ein oder andere denkt.“ Ziel sei aber, den deutschen Kohleausstieg als „gesellschaftlichen Prozess“ zu gestalten. Eine schöne Umschreibung für das Aufeinandertreffen von Lobbyinteressen und politischem Wankelmut.
Bild © Buntschatten, Pixelio
[…] Die sozialen Folgen des Kohleausstiegs, in dessen Zuge auch etliche KWK-Kraftwerke stillgelegt werden, beschäftigt Energieblogger-Kollege Björn Katz hier auf seinem Blog Stromauskunft. […]