Dass Biogas als klimaschonender Heizträger längst nicht den gleichen Stellenwert für den Wärmesektor genießt wie Wind- und Solarkraft im Hinblick auf den Strommarkt, ist keine Neuigkeit. Nun aber hat sich die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen weit vorgewagt und privaten Haushaltskunden offensiv davon abgeraten, Biogastarife von ihrem Energieversorger zu beziehen.
Verbraucherzentrale NRW rät von Biogastarifen ab
Die Verbraucherschützer verweisen in ihrer Biogas-Skepsis auf eine Kurzstudie des Heidelberger Instituts für Energie und Umwelt (IFEU). Diese kommt in ihrer Kernaussage zu dem Schluss, dass das Heizen mit Biogas seine am wenigsten effiziente Nutzung sei. Deutlich wirkungsvoller sei der Einsatz von Biogas beispielsweise in der Kraft-Wärme-Kopplung sowie auf dem Kraftstoffmarkt. Gleichzeitig warnt die Verbraucherzentrale NRW vor sogenannten „Klimagasprodukten“, bei denen Haushalte konventionelles Erdgas beziehen, dessen CO2-Emmissionen an anderer Stelle wieder ausgeglichen werden sollen. Die ökologische Qualität solcher Kompensationsprodukte sei höchst unsicher, deshalb bestehe hierbei die latente Gefahr des „Greenwashings“ – und dies auch noch auf Kosten der Verbraucher, die für vermeintlich umweltfreundliches Gas höhere Preise zahlen.
Eine erste Reaktion auf die Biogas-Kritik der Verbraucherschützer kommt vom Grüner Strom Label e.V. Als Zertifizierer von Ökostrom– und neuerdings auch Biogas-Produkten rät der Verein dazu, die Kernaussagen der IFEU-Studie differenzierter zu betrachten. Zwar teile man sowohl die Skepsis gegenüber schönfärbenden Klimagastarifen ohne unabhängiges Gütesiegel, als auch die Auffassung, dass die Effizienz von Biogas als Heizträger begrenzt sei, aber: „Heizen durch reine Verbrennung ist nie besonders ökologisch, egal ob mit Biogas, Erdgas oder Öl. Alle diese Energieträger sollten besser in Kraft-Wärme-Kopplung eingesetzt werden“, so Rosa Hemmers, Vorsitzende des Grüner Strom Label e.V. „Zu suggerieren, Schuld sei das Biogas, halte ich für problematisch. Das Hauptproblem ist die mangelnde Energieeffizienz im Wärmesektor insgesamt.“ Unter bestimmten Voraussetzungen könne der Einsatz von Biogas zum Heizen durchaus sinnvoll und notwendig sein. Beispielsweise, wenn Rest- und Abfallstoffe verwendet und eine breitere Palette nachwachsender Rohstoffe unter strengen Umweltstandards eingesetzt werden würde. Rosa Hemmers: „Am Ende brauchen wir immer noch einen Rohstoff zum Heizen, und der sollte nicht fossil, sondern erneuerbar sein. Umweltverträgliches Biogas, das hierzulande erzeugt wird, ist eine sinnvolle Alternative für Verbraucher.“
Damit Verbraucher wirklich nachhaltig produziertes Biogas von Greenwashing betreibenden Klimagasprodukten unterscheiden können, vergibt der Verein seit Mitte letzten Jahres das Biogaslabel „Grünes Gas“. Es soll die umweltverträgliche Herstellung von Biogas sicherstellen, regionale und dezentrale Produktions- und Vertriebsstrukturen fördern und generell für mehr Transparenz auf dem Biogasmarkt sorgen.
Bild © Pixelio, Philipp Pohlmann
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