Sigmar Gabriel hat momentan zwei große Probleme: Erstens weiß er nicht, ob er mehr Wirtschafts- oder mehr Energieminister sein soll. Und zweitens macht er sich beim Koalitionspartner zunehmend unbeliebt. Nachdem die Kabinettskollegen Schäuble und Dobrindt gerade erst die Kröte E-Auto-Prämie schlucken mussten, geht der Vizekanzler mit seiner neuesten Idee von der Flexisteuer auf Sprit endgültig in die Vollen. Das Gekeife ist groß, zaghafte Zustimmung hat der Vorstoß allerdings auch schon geerntet.
Für und Wider einer umstrittenen Idee
Auf entschiedene Ablehnung stößt das Konzept von der flexiblen Energiesteuer, die sich stets dann erhöhen soll, wenn die Spritpreise im Keller sind, nicht nur in konservativen Parlamentskreisen, sondern auch bei Industrie und Handel. Man kennt das Argument: Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmen auf den internationalen Märkten. Viel saurer dürfte CDU und CSU allerdings aufstoßen, dass der Koalitionspartner kurz vor dem baldigen Bundestagswahlkampf das böse Wörtchen Steuererhöhung in den Mund nimmt. Tja, und aus Verbrauchersicht klingt die Flexisteuer tatsächlich nicht gerade verlockend. Da sind die Spritpreise nach Jahren bitteren Zapfsäulenfrustes endlich mal dauerhaft im Tiefflug – und schon hält Vater Staat die Hand auf.
Findet denn überhaupt jemand den Vorschlag gut? Ja, Befürworter gibt’s, und die kommen – wenig überraschend – aus dem Umweltschutz. Das Umweltbundesamt gibt beispielsweise zu bedenken, dass der Preisverfall bei fossilen Brennstoffen Klimaschutzbemühungen massiv schade und hält ein staatliches Gegensteuern im Hinblick auf die Energiewende für durchaus sinnvoll. Deutschlands oberste Umweltbehörde würde es begrüßen, wenn sich die Besteuerung stärker an den jeweiligen Umweltbelastungen eines Energieträgers orientieren würde, also Öl, Gas und Kohle deshalb verteuert werden würden, weil sie besonders klimaschädlich sind.
Vielleicht ist das Hauptproblem der Idee ganz einfach der Zeitpunkt. Beim noch immer anhaltenden Ölpreistief würde eine Flexisteuer den Verbrauchern natürlich spürbar in die Tasche greifen. Hätten wir umgekehrte Verhältnisse, also hohe Spritpreise und die Aussicht auf sinkende Steuern, würden die Unkenrufe wahrscheinlich Jubelschreien weichen. Aber hätte Gabriel seinen Vorschlag dann überhaupt auf den Tisch gebracht? Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft formuliert es in einer aktuellen Pressemeldung ziemlich treffend: „Auf eine marktangepasste Steuersenkung zu hoffen, ist nach allen Erfahrungen mit dem Fiskalstaat illusionär. In Zeiten steigender Strompreise ist jedenfalls niemand auf den Gedanken gekommen, die Steuern nach unten flexibel anzupassen.“
Linktipp: Ein weiterer Kommentar zum Thema Flexisteuer im RP-Energie-Blog von Dr. Rüdiger Paschotta.
Bild © Pixelio, Makrodepecher
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